Familien-Unternehmen: Rund 400 Menschen arbeiten für MeKo, viele von ihnen sind untereinander verwandt. Das gilt auch für die Geschäftsführung.
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Hightech für Herz und Hirn
Vom Stent bis zum Herzklappenrahmen: Seit über 30 Jahren produziert das Sarstedter Familienunternehmen MeKo filigrane Medizintechnik für Patienten auf der ganzen Welt.
MeKo ist nicht Microsoft und Clemens Meyer-Kobbe nicht Bill Gates. Trotzdem gibt es eine Gemeinsamkeit zwischen dem Mittelständler aus Niedersachsen und dem amerikanischen Tech-Giganten: Ihre Erfolgsgeschichte begann in einer Garage. Zwar ist MeKo (noch) nicht so groß wie Microsoft, doch in seiner Nische ist das Unternehmen weltweit führend. Es fertigt lasergeschnittene Bauteile für verschiedene Branchen, vor allem für die Medizintechnik. Dazu zählen unter anderem Implantate wie Stents und Herzklappenrahmen sowie Hilfsmittel wie Ballonkatheter. Über 40 Patente hält MeKo derzeit und investiert einen erheblichen Anteil seiner Ressourcen in Forschung und Entwicklung. Das Ziel: Innovative und hochwertige Produkte, die sowohl für Patienten als auch für das Gesundheitssystem bezahlbar bleiben.
Als Clemens Meyer-Kobbe 1991 in Sarstedt seine ersten Laser in Betrieb nahm, spielte Medizintechnik noch keine Rolle. »Dieser Fokus kam erst ein paar Jahre später, als bei Herzpatienten immer häufiger Stents eingesetzt wurden«, erzählt Co-Geschäftsführer Jakob Dohse.
Stents – zylindrische Stützrahmen zur Erweiterung von Blutgefäßen – gibt es erst seit Ende der 1970er Jahre. Als MeKo 1995 mit der Produktion begann, war es eines von nur zwei Unternehmen weltweit, die lasergeschnittene Stents herstellten. Dabei ist das Verfahren ideal für die filigranen Geflechte aus Metall. Die kleinsten Stents sind kaum breiter als drei nebeneinandergelegte Haare, die größten groß genug für einen Kinderfinger. Durch ihre wabenartige Struktur schmiegen sie sich perfekt an die Innenwände der Gefäße an.
»1995 waren wir weltweit eines von nur zwei Unternehmen, die lasergeschnittene Stents produzierten.«
Dr.-Ing. Jakob Dohse
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USA ist größter Absatzmarkt
Die Medizintechnikprodukte von MeKo werden vor allem bei Herz-, Gefäß- und Augenerkrankungen sowie in der Neurologie eingesetzt – etwa zur Erweiterung verengter Herzkranzgefäße oder zur Entfernung von Blutgerinnseln aus Hirnarterien, um Schlaganfällen vorzubeugen. Auch in der Urologie, Endoskopie und Orthopädie finden MeKo-Produkte Anwendung. Ein Beispiel sind Hypotubes – lasergeschlitzte, flexible Rohre, die es ermöglichen, Katheter und Endoskope präzise im Körper zu positionieren. Mit 38 Prozent macht MeKo den Großteil seines Umsatzes in den USA. Es folgen Deutschland mit knapp 30 Prozent sowie Frankreich und Singapur mit jeweils rund zehn Prozent; weitere Länder machen die restlichen 20 Prozent aus.
Jeder Stent basiert auf einem Metall- oder Kunststoffrohr. »Der Laser schneidet die gewünschte Struktur hinein«, erklärt Dohse. Diese sorgt für die nötige Flexibilität: »Das Material muss sich im Körper etwa acht bis zehn Prozent dehnen können.« Meist kommt hierfür Nitinol, eine Nickel-Titan-Legierung, zum Einsatz, die sich im Körper selbstständig entfaltet. Es gibt aber auch starre Varianten aus Edelstahl oder Kobalt-Chrom, die mittels Ballonkatheter platziert werden. »Es hängt immer vom Einsatzzweck des Implantats ab«, so Dohse. Nach dem Schneiden werden die Implantate meist weiterbearbeitet, beispielsweise elektropoliert oder wärmebehandelt.
Forschen für die Zukunft: Aktuell arbeitet MeKo an Stents, die sich im Körper auflösen.
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Alles im grünen Bereich? Jeder Stent wird händisch kontrolliert.
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Flexibel: Viele Stents bestehen aus Nitinol, einer Legierung, die sehr biegsam ist.
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Selbst auflösende Stents als Ziel für die Zukunft
Aktuell liegt der Forschungsschwerpunkt auf Produkten aus resorbierbaren Materialien, die sich nach einer bestimmten Zeit im Körper vollständig auflösen. Die Idee dahinter: Wenn ein Gefäß durch einen Stent geweitet wird, kann der Körper den Restheilungsprozess selbst übernehmen. Ein dauerhaftes Implantat ist dann nicht mehr nötig. Grundlage für solche temporären Implantate sind resorbierbare Metalle wie Magnesium oder Polymere auf Basis von Milchsäure. »Ein sich selbst auflösender Stent hat enorme Vorteile für die Therapie«, betont Dohse. So sei bei Patienten mit permanenten Stents oft keine Bypass-Operation mehr möglich. Zudem können dauerhaft offen gehaltene Arterien erneut verkalken. »Ein resorbierbarer Stent behebt das akute Problem. Sollte es zu einer neuen Verkalkung kommen, kann einfach ein neuer Stent eingesetzt werden.«
Seit 15 Jahren forscht MeKo auf diesem Gebiet und hat im August einen wichtigen Meilenstein erreicht: Erstmals wurde ein resorbierbarer Stent beim Menschen implantiert. »In der Medizintechnik dauert es im Schnitt acht Jahre, bis aus einer Kundenanfrage ein zugelassenes Produkt wird«, sagt Dohse. Die Ausfallquote ist hoch: Nur etwa zehn Prozent der Projekte schaffen es in die Serienproduktion. Trotzdem ist Dohse überzeugt, dass die resorbierbaren Stents künftig marktreif werden.
»In der Medizintechnik dauert es im Schnitt acht Jahre, bis aus einer Kundenanfrage ein zugelassenes Produkt wird.«
Dr.-Ing. M.Sc. M.Sc. M.Sc. Jakob Dohse,
Geschäftsführer MeKo Manufacturing e.K.
Ein echter Familienbetrieb
Das Herz der Firma schlägt in Deutschland, am Standort in Sarstedt arbeiten rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele von ihnen kennen sich auch aus dem Privatleben oder sind sogar miteinander verwandt. Auch die Geschäftsführung ist familiär geprägt. Als Dohse 2006 für einen Schülerjob bei MeKo einstieg, arbeiteten bereits sein Bruder und ein Nachbar in der Firma. Und Meyer-Kobbes älteste Tochter, ebenfalls als Schüleraushilfe. Heute ist sie Ärztin, er ihr Ehemann und Co-Geschäftsführer bei MeKo. Doch nicht nur deshalb ist MeKo für ihn mehr als nur ein Job: »Wenn man weiß, woran man arbeitet, und dass das, was man entwickelt und produziert, Menschen helfen kann, dann ist das eine sehr sinnstiftende Tätigkeit.«
Haargenau: Laser schneiden die teils winzigen Stents perfekt in Form.
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Fast wie ein Schmuckstück: MeKos FlexTubes sind sehr biegsam, da sie vom Laser in einzelne Segmente geschnitten werden.
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Radialkraftmessgerät im Einsatz: Im MeKo MedLab werden die mechanischen Eigenschaften von Stents ermittelt.
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