Handabdrücke in Aluminium: Der Zivilcourage-Preis des Landkreises wurde von KSM-Azubis gefertigt.
Alle müssen mit anpacken
Nach einer Insolvenz vor vier Jahren ist KSM Castings aus dem Gröbsten raus. Zufrieden sein mit der Lage könne allerdings niemand, warnt COO Detmar Kampmann: »Alle müssen jetzt mit anpacken.«
Für die Preisträger ihres Zivilcourage-Preises hatte der Landkreis Hildesheim in diesem Jahr eine besondere Idee: Die Geehrten bekamen Mitte August neben einem Preisgeld auch die eigene Hand in Aluminium überreicht – gefertigt in der Azubi-Werkstatt der KSM Castings Group. Die Auszubildenden gossen dafür Handabdrücke der Preisträger mit einer Aluminiumlegierung aus.
Die Hand als Symbol fürs Anpacken und für mutiges Handeln: Das passt auch zu KSM Castings selbst. Der Hildesheimer Autozulieferer gehört zu den wenigen Unternehmen der Branche, die derzeit volle Auftragsbücher haben. Was umso bemerkenswerter ist, als der Betrieb noch vor vier Jahren insolvent war. In der schwierigen Phase des Neustarts hätten viele Kunden zunächst verhalten auf KSM reagiert, gerade bei neuen Aufträgen für Bauteile für Elektroautos, erinnert sich Detmar Kampmann, der als Chief Operating Officer (COO) das operative Geschäft leitet. »Also haben wir den Fokus unter anderem auf Fahrwerksteile gelegt, die unabhängig vom Antrieb sind. Und damit voll ins Schwarze getroffen.«
Heute geht es KSM wieder gut: 2024 will das Unternehmen eine schwarze Null erreichen. 200 Mitarbeiter sind nach der Krise dazugekommen, rund 1.000 sind es nun am Standort Hildesheim. »Unsere Mitarbeiter haben super mitgezogen«, sagt Kampmann. »Schön ist, dass einige, die uns nach der Insolvenz verlassen haben, zurückgekommen sind. Das ist ein unglaublich wichtiges Signal: Alle, Management und Belegschaft, glauben an den Standort.«
»Politik und Gewerkschaft muss klar sein, dass wir an einem Strang ziehen müssen.«
Detmar Kampmann
Betriebe leiden unter den schwierigen Standortbedingungen
Das ist nicht selbstverständlich. In Zeiten, in denen Betriebe mit immer neuen Herausforderungen zu kämpfen haben, kommen bei manchem in der Branche Zweifel am Standort Deutschland auf. Unternehmer Kampmann bringt den Unmut vieler auf den Punkt: »Es fehlt an Planbarkeit. Viele Rahmenbedingungen sind falsch gesetzt. Außerdem kassiert unser Staat zu viel«, kritisiert der COO. Deutschland müsse »runter bei Steuern und Sozialabgaben«. Und vor allem von der Bürokratie: Unternehmen dürften in Zukunft nicht mehr so viel Zeit wie heute mit Genehmigungen, Auflagen oder Zertifizierungen verlieren.
Neben der von der Politik zu verantwortenden Standortnachteile kritisiert Kampmann auch die 7-Prozent-Forderung der IG Metall in der aktuellen Tarifrunde. »Politik und Gewerkschaft muss klar sein, dass wir an einem Strang ziehen müssen. Sonst wird es schwer, den Wohlstand zu halten.«
Teamwork: Tim Rabius (links) und Rouven Debertolo arbeiten an einem Leichtmetall-Bauteil.
Das Unternehmen KSM Castings
- Die KSM Castings Group entwickelt und produziert Gussprodukte aus Leichtmetall für die Automobil-Industrie.
- Weltweit beschäftigt KSM 3.830 Mitarbeiter, knapp 1.000 davon in Hildesheim.
- Außer in Hildesheim hat das Unternehmen Standorte im Bergischen Land und Wernigerode sowie in Tschechien, China, den USA und Marokko.
Dass Betriebe wie KSM auf einem globalen Markt bestehen müssen, ist für ihn keine leere Floskel. Er hat als Manager in der Schweiz, in Frankreich, Schweden, Mexiko, China, Polen, Tschechien und Griechenland gearbeitet. »So kurz wie in Deutschland war die Jahresarbeitszeit nirgendwo sonst«, kritisiert er. »Wir sind teuer und zu unflexibel.« Noch vorn sieht er das Land hingegen beim flächendeckenden Service: »Unser Netzwerk aus guten Mittelständlern hat ein hervorragendes Know-how.«
2024 konnte KSM wieder alle Ausbildungsplätze besetzen
Damit das in Zukunft so bleibt, brauche es vor allem eines: eine gute Ausbildung. KSM mache hier vieles richtig. Es zahle sich aus, dass der Betrieb einen guten Namen habe und auf jeder Ausbildungsmesse präsent sei, sagt Kampmann: »Auch in diesem Jahr konnten wir wieder alle Plätze besetzen.« Für ihn ist wichtig, dass die Mischung stimmt: »Die Jungen helfen bei der digitalen Transformation, die Älteren mit ihrem großen Erfahrungsschatz.« Beides brauche es in Zukunft. Wohin die Reise geht, wisse schließlich niemand. Nur eines sei klar: »Anpacken bleibt auch weiterhin wichtig.«